
Gesundheit
Kaffee und Achtsamkeit
Was ist Achtsamkeit?
Berufliches Vorankommen, Hobbys, Sport, Familie und Haushalt unter einen Hut zu bringen. Ständig auf dem Weg von einem Termin zum nächsten. Jede Minute ist verplant. Die To-Do-Liste als Regisseur Ihres modernen Lebens. Am Frühstückstisch denken Sie schon an Ihre heutigen Termine, auf der Arbeit träumen Sie sich in den Urlaub und beim Abendessen checken Sie noch einmal kurz Ihre beruflichen E-Mails, um morgen wieder up-to-date sein zu können. Mit Ihren Gedanken sind Sie häufig überall, nur eben nicht da, wo Sie sein sollten: Achtsam im Augenblick.
Die Fähigkeit, in Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft zu denken, Zusammenhänge zu verstehen, das eigene Handeln entsprechend zu steuern und Verhaltensweisen anzupassen, ist das, was Sie als Menschen auszeichnet. Es verleitet Sie aber auch dazu, gedanklich abzuschweifen, in der Vergangenheit zu leben oder der ungewissen Zukunft zu viel Wert beizumessen. Die Folge: Sie nehmen nur am Rande wahr, was gerade um Sie herum passiert, bestreiten Ihren Alltag häufig auf Autopilot und manövrieren sich in eine Spirale von Ängsten und Stress. Bewusst praktizierte Achtsamkeit kann Ihnen helfen, Ihre Wahrnehmung und Konzentration auf die Gegenwart zu lenken und so Ruhe in Ihren Geist zu bringen.

Achtsamkeit und MBSR
Achtsamkeit, oder im Englischen auch Mindfulness, ist nicht nur eine Modeerscheinung, sondern gewinnt auch im medizinischen Umfeld immer größere Beachtung. Als Konzept, das an die buddhistische Meditationspraxis angelehnt ist, richtet es Ihren Fokus ganz auf den Moment, motiviert Sie dazu, den eigenen Körper, Gedanken und Gefühle und die Umwelt ganz bewusst wahrzunehmen und hilft Ihnen, mit Stress, Druck und Ablenkung der modernen Welt umzugehen. Wenn Sie achtsam sind, sind Sie im Moment und fokussieren Ihre Aufmerksamkeit nur auf das, was gerade ist. Auch wenn Achtsamkeit bzw. Mindfulness dem Buddhismus entstammt, sind Achtsamkeitstrainings eine säkulare, von der Religion getrennte wissenschaftlich anerkannte Praxis.
Geprägt wurde der Begriff der Achtsamkeit bzw. Mindfulness von dem US-amerikanischen Molekularbiologen Jon Kabat-Zinn, der Ende der 1970er Jahre ein achtwöchiges Meditationsprogramm zur Stressreduktion entwickelte. Das Programm mit dem Namen Mindfulness Based Stress Reduction (MBSR) wird in der Regel in Gruppen absolviert und ist auch heute noch eine anerkannte Methode, um Achtsamkeit zu trainieren und sie nachhaltig im Alltag umsetzen zu können. Achtsamkeitsbasierte MBSR-Kurse haben sich in wissenschaftlichen Bereichen der Psychosomatik, Psychotherapie und klinischen Psychologie etabliert. Zu den Grundhaltungen der in MBSR praktizierten Achtsamkeitsübungen zählen:
- eine annehmende Haltung einnehmen, Akzeptanz trainieren
- Offenheit und kindliche Neugier praktizieren
- den Weg als das Ziel betrachten, keine Erwartungen haben
- Situationen nicht bewerten, sondern beobachten
- Vertrauen und Geduld in den Prozess haben
- Loslassen von Vergangenem, von der Zukunft, von störenden Gedanken
Stress, Angst, Hektik und ihre Folgen
64 Prozent der Menschen in Deutschland fühlen sich mindestens manchmal gestresst, 26 Prozent sogar häufig. Das zeigt eine im Dezember 2021 veröffentlichte Stressstudie der Techniker Krankenkasse. Seit 2013 ist der subjektiv empfundene Stress damit noch einmal deutlich gestiegen. Starke Auswirkungen hatte hierbei auch die Pandemie um Corona. Das Leben ist für mehr als die Hälfte der Befragten seit Corona stressiger geworden. Zu den stärksten Stressfaktoren zählen der Beruf, Schule, Studium, hohe Ansprüche an sich selbst, Krankheit von Nahestehenden, Konflikte in Partnerschaft und Familie und die ständige Erreichbarkeit durch Smartphone und Social Media.
Stress bzw. die Stressreaktion ist ein evolutionärer Überlebensmechanismus, der Sie in wahrgenommenen Gefahrensituationen auf den Kampf (Fight), die Flucht (Flight) oder auch das Totstellen (Freezing) vorbereitet. Die hierbei ausgeschütteten Stresshormone Adrenalin, Noradrenalin und Kortisol schärfen Ihre Sinne, verbessern Ihre Reaktionsfähigkeit und ermöglichen physische Höchstleistungen. Kurzzeitiger Stress ist in anspruchsvollen Situationen ein nützlicher Helfer. Wenn der Stress jedoch für längere Zeit anhält, gefährdet die permanente Überflutung durch Stresshormone Ihre Gesundheit und kann zu Stimmungsschwankungen, Gereiztheit, Konzentrationsschwäche, Schlaflosigkeit und Antriebslosigkeit, Bluthochdruck, Verdauungsproblemen und Migräne bis hin zu Infektionskrankheiten und Krebs führen. Kurz: Lang andauernder Stress, den Sie nicht abbauen können, macht Sie krank.

Kaffee und die Wirkung von Koffein
Im Jahr 2020 betrug der Pro-Kopf-Konsum von Kaffee in der deutschen Bevölkerung 168 Liter. Kaffee ist damit das Lieblingsgetränk der Deutschen. Neben Genuss und den wissenschaftlich bewiesenen vorteilhaften Wirkungen von Kaffee auf die Gesundheit, dürfte für viele Kaffeefans auch die wachmachende Wirkung des im Kaffee enthaltenen Koffeins Grund für die ein oder andere konsumierte Tasse sein. Das Koffein wirkt wachmachend und wachhaltend, indem es Adenosin blockiert. Adenosin ist ein Neurotransmitter, der Müdigkeit hervorruft. Durch die Blockierung der Adenosinrezeptoren wird diese Wirkung ausgesetzt. Außerdem steigt der Spiegel anderer erregender Hormone wie Dopamin und Noradrenalin an. Die Folge: Sie fühlen sich wach und aufnahmefähig.
In Maßen ist Koffein ein nützlicher alltäglicher Begleiter. In zu hohen Dosen kann Koffein aber zu unangenehmen Nebenwirkungen führen. Dazu gehören Unruhe, verminderte Konzentrationsfähigkeit, Nervosität, Schlafstörungen, Zittern, Übelkeit und Erbrechen. So können der Stress und die Hektik des Alltags in Kombination mit einer zu hohen Koffeinaufnahme und fehlender Achtsamkeit in eine Negativspirale führen, die Sie erschöpft und gestresst zurücklässt. Eine Kombination aus Achtsamkeitsübungen und der Ergänzung von entkoffeiniertem Kaffee in Ihren Kaffeekonsum können Ihnen helfen, aus dieser Negativspirale auszubrechen.



Wie integriere ich Achtsamkeit in meinen Alltag?
Achtsamkeit lässt sich in kleinen Schritten in Ihren Alltag integrieren. Wie wäre es zum Beispiel, wenn Sie Ihre Tasse Kaffee ganz bewusst Schluck für Schluck genießen, ohne dabei auf einen Bildschirm zu schauen oder Ihr Frühstück Löffel für Löffel schmecken, ohne parallel die Zeitung zu lesen. Kleine täglich umgesetzte Achtsamkeitsübungen helfen Ihnen, wieder mehr im Moment zu leben, Ihren Körper, Ihre Gedanken und Ihre Umwelt bewusster wahrzunehmen und so Stress und Ängste zu reduzieren. Kurze Achtsamkeitstrainings, die nicht mehr als ein paar Minuten dauern müssen, können hier bereits nachhaltig helfen. Bedenken Sie aber: Der Start in ein achtsames Leben erfordert Zeit und Geduld. Die Erfolge Ihres Achtsamkeitstrainings werden für Sie nicht sofort spürbar sein und auch Rückschläge gehören zum Prozess einer nachhaltigen Achtsamkeitspraxis dazu. Grundsätzlich geht es bei jeder Übung darum, Ihren Fokus auf Sie und auf das Hier und Jetzt zu lenken.
Versuchen Sie folgende Übungen in Ihren Alltag zu integrieren:
- Bleiben Sie nach dem Aufwachen noch kurz liegen. Richten Sie den Blick auf die Decke. Was sehen Sie? Lauschen. Was hören Sie? Wie fühlt sich die Decke an und das Bett, auf dem Sie liegen?
- Trinken Sie einen entkoffeinierten oder koffeinhaltigen Kaffee. Wie riecht Ihr Kaffee? Wie sieht er aus? Wie fühlt er sich im Mund an? Und was können Sie schmecken?
- Im Gespräch: Hören Sie aufmerksam zu. Begegnen Sie der Person mit Interesse, Einfühlungsvermögen und Aufmerksamkeit. Spiegeln Sie, was Sie hören. Versuchen Sie, die Hauptpunkte zusammenzufassen und wiederzugeben. Wertschätzen Sie die Meinung Ihres Gegenübers, bevor Sie Ihre eigene einbringen.
- Auf der Arbeit: Halten Sie inne. Setzen Sie sich hin. Spüren, wie sich das Sitzen anfühlt. Atmen Sie bewusst ein und aus. Spüren Sie, wie Luft Ihre Lungen füllt und wieder verlässt. Achten Sie auf die Geräusche um Sie herum. Achten Sie auf Ihren Atem. Versuchen Sie, Ihren Kopf frei und leer sein zu lassen. Wenn Gedanken kommen, verurteilen Sie nicht, lassen Sie sie einfach wertfrei weiterziehen.
- Vor dem Schlafengehen: Verbannen Sie Smartphone und Fernseher aus Ihrem Abendprogramm. Beschäftigen Sie sich damit, wie Ihr Tag war. Wenn Sie sich danach fühlen, meditieren Sie.
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jen-p, Unsplash | dmitry zelinskiy, Unsplash